Hintergründe Käse Südtirol Vinschgau

Käse und Kuh: Hofkäserei Englhorn (Teil 2)

Aufwand für weniger Milch

Was auf diesem Hof betrieben wird, hört sich zunächst komisch an: ein Riesenaufwand um weniger Milch zu produzieren. Dafür, so die Idee, besitzt die Milch eine höhere Wertigkeit. Diese lässt sich weniger an direkt messbaren Eigenschaften, wie etwa dem Fettgehalt ablesen. Vielmehr ist das Ziel, dass sie den Geschmack der Region, beim Wein könnte man sagen, des Terroirs repräsentiert. Das ist dann eine Eigenschaft, die direkt auf den Käse übergeht.

Käsetasting mit Schwiegermutterzungen und anderem Gebäck aus eigenem Getreideanbau

Rückentwicklung zur Artenvielfalt dauert

Bis dieses Ziel erreicht ist, dauert es noch, obwohl die Umstellung des Betriebs nun schon 16 oder 17 Jahre zurück liegt. Ein Grund dafür ist, dass die „Rückentwicklung“ der Wiesen viel Zeit in Anspruch nimmt. Was ist damit gemeint? In der konventionellen Produktion wird die Nahrung der Kühe durch importiertes Kraftfutter angereichert. Eine Nebenfolge davon ist, dass die Kühe viel mehr Mist und Gülle produzieren, als dem Boden gut tut. Die Wiesen werden mit der Gülle überdüngt. Das verändert die Pflanzengemeinschaft. Anstatt der von uns Städtern erwarteten Vielfalt an Wiesenkräutern siedeln sich neben dem Gras nunmehr nur die wenigen Pflanzenarten an, die mit dem Nahrungsüberangebot zurechtkommen. Auch dies ist ein Grund für die Abkehr von der Milchkuhhaltekonvention. Wie es ausschaut dauert die Rückbildung sehr lange: die Zeit seit der Umstellung reichte noch nicht aus, die Vielfalt der Kräuter auf den Wiesen wieder vollständig herzustellen.

Almkäse aus der Gemeinschaftsproduktion und auf dem Hof hergestellter „Rims“

Das Ziel: Käse mit Terroirgeschmack

Trotzdem: der Käse hat eine sehr hohe Qualität. Zum Zeitpunkt unserer Führung konnten allerdings nur zwei Sorten präsentiert werden. Der junge Almkäse und der Rims. Ersterer ist ein gemeinschaftlich mit konventioneller Milch auf der Alm produzierter Käse, der während der Verkostung einen durchaus angenehmen und frischen Eindruck machte. Er wird nicht in der eigenen Hofkäserei selbst hergestellt. Der Rims aber zeigt schon welches Potential in den Kühen steckt. Leider bekamen wir nicht die Riserva-Variante zur Verkostung angeboten. Von der verspreche ich mir sehr viel mehr „Wums“. Die mögliche Tiefe des Geschmacks lässt sich aber erahnen. Ebenso fehlten die jünger zu verzehrenden Weichkäse auf Rotschmierbasis. Diese werden im Sommer nicht produziert, weil die Milch auf der Alm bleibt.

Die alte Dorfkäserei wurde in den Betrieb eingegliedert

Rückentwicklung ist teuer

Der Besuch zeigt, wie wichtig das Denken in Kreisläufen ist; es wird auch deutlich wie pervertiert unsere Lebensmittelproduktion mittlerweile wurde. Allerdings hat die Qualität auch einen Preis, der vor allem von Touristen gezahlt wird. Die geringer verdienende Landbevölkerung leistet sich diesen Käse allenfalls einmal zu Weihnachten. Ein Kompliment für Alexander Agethle von den Regionsnachbarn freilich – allerdings zeigt dies auch, dass die an sich wünschenswerte Entwicklung einen Haken hat – sie ist nur dann leistbar, wenn die Verbraucher den höheren Preis bezahlen können… und die, die es können, das auch wollen.

Verkaufsraum der Hofkäserei Englhorn: Nur mit Kraft lässt sich der Hartkäse spalten

Informationen auf der Webseite der Hofkäserei (hier kann man auch die Kühe kennenlernen).

Hier geht es zum Teil 1