Joghurt Milchprodukte Produkttest

Der große Joghurttest

Was eigentlich sind die Lebensmittel, die wir am häufigsten benötigen, Grundnahrungsmittel sozusagen? Für mich gehören Milch und auch Milchprodukte dazu. Und hier ist es insbesondere der Joghurt, der zumindest bei uns jeden Tag in der Müslischale landet. Für den Test haben wir uns für Normalfettjogurts entschieden.  Zwar sind Sahnejoghurts noch deutlich mehr yummy, aber in unserem Alter sagt die Vernunft, dass man sich damit nicht jeden Tag beschäftigen sollte. Wir, vier interessierte Esser und man kann schon sagen, Amateure im besten Sinne, treffen uns für einen Test dieses Nahrungsmittels an einem Samstagabend.

Einkauf von Joghurt

Im Handel finden sich so viele Sorten, dass kaum ein Überblick möglich ist. Meine „Geschäftsreise“ zum Einkauf von Joghurt führt mich in die Filialen der größten Discounter und zu einem ziemlich großen Lebensmittelmarkt, der zum Edeka-Dachverband gehört.

 

Naturjoghurt in Normalfettstufe

Dort kaufe ich alle Joghurts, die ich in der Normalfettstufe vorfinde (also 3,5% bis maximal 3,9% Fettanteil). Das entspricht einigermaßen dem Fettanteil in der normalen Milch. Solche sind als türkische oder griechische Joghurts auch in den Supermärkten zu erwerben. Ausgeschlossen bleiben auch diejenigen mit reduziertem Fettanteil. Sie schmecken in der Regel sowieso kastriert, also ihrer Seele beraubt. Am schlimmsten sind gänzlich entfettete Joghurts, wie sie meist in den USA verkauft werden. Diese schmecken lediglich nach Bindemittel und künstlichem Aroma. Eine Kombination, die von vielen dann noch für gesund erachtet wird.

 

Purer Joghurtgeschmack ist gefragt

Wir interessieren uns aber für den puren Geschmack. Dieser liegt uns am Herzen und deswegen führen wir den Test durch. Es soll um solche Produkte gehen, die wir ohne viel Aufwand im Alltag besorgen können. Im Lebensmittelbereich ist Rewe in unserer Gegend Marktführer. Dort wurde keines der 12 getesteten Produkte erworben. Grund dafür ist einfach, dass ein solcher Markt nicht auf dem Weg lag; auch fehlt der Biohandel. Die Einkaufstour war einfach schon zu ergiebig: sie brachte ein Dutzend unterschiedlicher Joghurts.

 

Beschränkung auf ein Dutzend Joghurts

Aus meiner beruflichen Tätigkeit weiß ich jedoch, dass 12 unterschiedliche Testprodukte eigentlich schon zu viel sind (ich gebe hier nur den Hinweis auf die Beschränkung des Kurzzeitgedächtnisses [Millersche Zahl]). Wir sind zwar sehr interessierte Konsumenten, allerdings keine Verkostungsprofis, die – so sagt man – auch nach sehr zahlreichen Proben noch über ein differenziertes Schmeckvermögen verfügen.

 

Blindverkostung der Produkte

Wir wollen es also nicht übertreiben und setzen uns im Januar 2019 an einem Abend zusammen,

Die Verkostungsgefäße für unseren Test

um die Joghurts „blind“ zu verkosten. Blindverkostung heißt, dass nicht die Markenbehältnisse auf dem Tisch stehen. Das Milchprodukt wird in neutrale und nummerierte Gläschen abgefüllt. Auf diese Weise sind die Joghurts hinterher wieder zuzuordnen. Wir sind zu viert und probieren jeweils gemeinsam die Joghurts und sprechen darüber, wie uns das Produkt gefällt. Kategorien, die helfen sollen, die Verkostung zu strukturieren, sind Konsistenz, Geruch, Geschmack und Sonstiges. Jeder von uns hat einen Bogen vor sich liegen, wo er seine Beurteilungen eintragen kann. Schließlich versuchen wir Schulnoten zu vergeben, um die Produkte zu bewerten.

 

Wie beschreibt man den Geruch und Geschmack von Joghurt?

Ein wichtiges Problem, von dem wir alle erfasst sind, ist, dass wir Schwierigkeiten haben, über den Geruch und den Geschmack zu reden. Weine beispielsweise sind bedeutend vielfältiger: sie verfügen über bedeutend mehr olfaktorisch wahrzunehmende Komponenten und auch hinsichtlich des Geschmacks sind sie deutlich vielfältiger.

Überblick über die Verkostung

Erstes Unterscheidungsmerkmal: die Konsistenz

Die Joghurts werden in drei Kategorien eingeteilt. Der erste Bereich (die vier Produkte zu Beginn) beginnt mit sog. stichfesten Joghurts, also solchen, die im Becher selbst reifen (beim vierten sind wir uns allerdings nicht ganz sicher, ob dieser tatsächlich zu der Gruppe gehört). Besonderes Merkmal dieser Joghurts ist, dass sie nicht noch einmal vor der Abfüllung gerührt werden. Auch sondern sie etwas Molke ab. Ihre Konsistenz ist nicht so homogen wie die anderen Joghurts.

Die anderen, das sind die cremigen, diese wurden gerührt und bekommen dadurch eine deutlich homogenere Konsistenz. Etwas was vielen Konsumenten wahrscheinlich entgegen kommen wird. Allerdings sind manche cremige Joghurts fast schon „pappig“ zu nennen. Sie bleiben am Löffel hängen, auch wenn man ihn umdreht und entsprechend belegen sie auch den Gaumen. Bis zu einem gewissen Grad ist das angenehm, danach stört uns Tester das etwas. Nach unserer Meinung sind die im Glas gereiften etwas näher am ursprünglichen Produkt. Ich selbst besitze keine Joghurtmaschine, aber so ähnlich dürfte das Ergebnis aussehen, wenn ich Joghurt selbst machen würde. Die acht cremigen Produkte haben wir noch einmal unterteilt in die Kategorie „konventionell“ und „bio“.

 

Geschmack ist subjektiv

Geschmack ist natürlich subjektiv und außerdem handelt es sich um eine Konstruktion der Situation. Darauf hatte ich schon 2006 in meinem Buch („Kleine Soziologie des Genießens“) hingewiesen. Trotzdem ist es möglich, bestimmte Komponenten des Geschmacks, der Konsistenz und des Geruchs auszumachen.

 

Wir beginnen mit stichfesten Joghurts

Landliebe im Becker gereift, schafft nur Platz 4 (von vier stichfesten Joghurts)

Landliebe stichfest: in einer unpraktischen Verpackung, weil das Gefäß zu hoch ist für einen normalen Teelöffel

Hier kommt unser Ergebnis zunächst für die stichfesten Joghurts. Es fällt nicht ganz einheitlich aus. Am wenigsten gut fanden alle das Produkt von Landliebe mit 3,8% Fett. Auf dem Etikett steht Joghurt Original im Becher gereift. Die Konsistenz wird als leicht flockig, nicht ganz homogen beschrieben. Der Joghurt riecht kaum; wahrnehmbar ist eine leicht säuerliche Note. Der Geschmack wird ebenfalls als säuerlich und etwas wässrig beschrieben. Der Geschmack ist zugänglich, was besagt, dass er nicht viel aussagt. Wenn die Assoziation etwas taugt, dann könnte man sagen, dieser Joghurt ist der Richtige für Leute, die auch Käse ohne Geschmack mögen. Das ist möglicherweise sogar die Mehrheit, aber wir gehören nicht dazu.

 

 

Platz 3 für Schwälbchen

Bei diesem Joghurt waren wir uns nicht sicher, ob er überhaupt in die Kategorie „stichfest“ passt

Nicht sehr gut schneidet auch der viel cremigere Joghurt von Schwälbchen ab. Auf dem Etikett steht „frischer Joghurt mild“ der Marke „Schwälbchen“ mit 3,5% Fett. Außerdem gibt die Beschreibung Auskunft über den darin aktiv lebende Lactobacillus casei. Wir beschreiben den Geruch als „verhalten“, was auch für den Geschmack gilt. Mild, wässrig und relativ Geschmacklos wird er bezeichnet. Eine Testerin bemerkt auch, dass die Substanz am Gaumen sich leicht pelzig anfühlt.

 

Platz 2 unter den Stichfesten für Berchtesgadener Land

Gut geschmeckt: Stichfester Joghurt von Berchtesgardener Land

Der nächste Joghurt gilt als mein Favorit der stichfesten, die anderen setzen diesen an Platz zwei. Es handelt sich um den stichfesten Joghurt des Herstellers „Berchtesgadener Land“. Er hat einen intensiv-joghurtigen Geruch. Der Hersteller gibt an, er sei im Becher gereift. Hergestellt ist er mit hochwertigen Bulgaricus, Acidophilus- und Bifiduskulturen. Das soll einen kräftigen, ursprünglichen Joghurtgeschmack bewirken. Ausgewogen, mild, samtig auf der Zunge. So wird er beschrieben.

 

Der beste Stichfeste „Joghurt, unsere Heimat, echt & gut“

Der stichfeste Joghurt, der von den meisten Testern bevorzugt wurde

Der von der Mehrheit als bester stichfester Joghurt beschriebene stammt aus Freiburg im Breisgau. Es handelt sich um „Joghurt, unsere Heimat, echt & gut“ vom Hersteller „Schwarzwaldmilch“. Der Geschmack wird als säuerlich-milchig mit einem ausgeprägten Charakter beschrieben. Dabei sei eine gewisse angenehme Kantigkeit gegeben.

 

Die sechs konventionellen cremigen Joghurts

Platz 6 erhält bei uns der Joghurt von Berchtesgadener Land

Der cremige Joghurt von Bertesgardener Land kam bei den Testern weniger gut an

Bei den acht eindeutig cremigen Joghurts haben einige den Testern nicht geschmeckt. Obgleich das stichfeste Schwesterprodukt von Berchtesgardener Land sehr gut abschneidet, fällt der „cremiger Joghurt mild“ bei den Testern durch. Der Hersteller beschreibt ihn als „cremig gerührt, bioaktiv mit lebenden Milchsäurekulturen, sehr bekömmlich mit über 90% L(+)= rechtsdrehende Milchsäure, ausschließlich unsere Alpenregion“. Cremig glatt relativ dick ist die Konsistenz. Er riecht kaum nach etwas, und schmeckt auch so. Wir finden zwar keinen Fehlton, aber an Geschmack fehlt es dem Joghurt durchaus. Vielleicht ist er etwas für Leute, die eigentlich keinen Joghurt mögen, denn er schmeckt nicht so, wie wir uns das eigentlich vorstellen. Wegen zu wenig Geschmack liegt er im Test hinten.

 

Alpenjoghurt von Sterzing-Vipiteno auf Platz 2

Joghurt aus Südtirol

Die anderen Joghurts sind für die meisten Tester akzeptabel. Allerdings gehen die Meinungen an manchen Stellen sehr stark auseinander. So gefällt mir der Alpenjoghurt Vollmilch aus der Molkerei Sterzing * Vipiteno in Südtirol ganz ausgezeichnet. Es handelt sich um Joghurt aus pasteurisierter Heumilch mit dem lebenden Streptococcus thermophilus. Ich habe notiert: vollmundig, vielfältiger Geschmack, leicht bitter, gefällige Konsistenz. Andere finden ihn ausgewogen, säurehaltig mit einer Anmutung, als habe er einen etwas höheren Fettgehalt. Eine Testerin setzt ihn gar auf den vorletzten Platz, weil sie eine  etwas süßliche Note erkennt. Er schmecke darüber hinaus buttrig. Bei den anderen Joghurts gehen die Meinungen weniger weit auseinander.

 

Cremiger Joghurt von Aldi

Cremiger Joghurt von Lild

Die wohlmöglich identischen Joghurts (Joghurt mild) von Aldi (Milfina) und Lidl (Milbona) glänzen nicht gerade durch viele Informationen auf ihrem Etikett. Sie werden beide von  T.M.A. Leppersdorf hergestellt. Das Unternehmen gehört zum Markenhersteller „Müller Milch“.  Es handelt sich um das günstigste Produkt mit nur 11 Cent pro 100 g, wenn man den 500 g-Becher kauft. Es verfügt sicherlich über das beste Preis-Leistungsverhältnis. Die Konsistenz ist cremig homogen. Nur minimaler Geruch ist wahrzunehmen. Der Geschmack wurde als ganz gut bezeichnet. Die meisten Tester finden den Joghurt frisch und milchig. Nur ein Tester gibt beiden Produkten genau dieselbe Note, bei den anderen weicht sie mal tendierend zum Lidl-, mal zum Aldiprodukt um eine Note voneinander ab. Keinem der Tester fällt auf, dass es sich um das gleiche Produkt handelt (falls dem so ist).

 

Die Handelsmarke von Edeka

Der beste cremige „Nichtbio“-Joghurt kommt auch als Handelsmarke daher. Es handelt sich um den EDEKA Südwest Molkerei Joghurt. Dieser wird hergestellt von der Molkereigenossenschaft Hohenlohe-Franken in Schrozberg. Die Verkostungsnotizen beschreiben ihn als säuerlich mit einer minimal süßen Note, vielschichtig, differenziert mit einer guten Länge (Geschmack bleibt eine Weile am Gaumen bestehen).

 

Biojoghurt schmeckt besser

Ans Ende der Verkostung haben wir die beiden Bio-Joghurts gesetzt. Der eine Bio organic Cremiger Joghurt mild von Lidl vertriebene Joghurt trägt sogar das Bioland-Siegel. Hersteller ist die Milchfrischeprodukte SBA Gmbh, Grobenzell. Eine Recherche im Internet bringt hervor, dass sich dahinter die Andechser Molkerei verbirgt.[1]  Dieses Produkt wurde von den meisten Testern als ziemlich gut angesehen. Als mild, frisch, angenehm und mit schönem Geschmack wird der Biojoghurt beschrieben. Allerdings kommt als Adjektiv „etwas wässrig“ ebenfalls vor.

Testsieger Aldi-Biojoghurt

Die beiden Biojoghurts des Tests

Besser gefällt das Aldi-Biojoghurt, welches als „bio Cremiger Joghurt aus bester süddeutscher Biomilch“ beschrieben wird. Zwar prangt hier nur das Euro-Biosiegel auf der Verpackung, aber der Joghurt bekommt von allen Beteiligten durchgängig die Note 1 und ist damit Testsieger. Das Urteil lautet: „mild, frisch, milchig, facettenreich“.  Beide Bio-Joghurts gehören zu den günstigeren Produkten. Unser Testsieger kostet mit 0,13 € pro 100g nur unwesentlich mehr als die billigsten Joghurts unserer Verkostung.

Bewertungen der Joghurts mit Noten

Wir haben nicht die Möglichkeit in irgendeiner Weise die Inhaltsstoffe zu überprüfen. Bei dem Test handelt es sich um subjektive Meinungen der einzelnen am Test beteiligten Personen. Bei einigen Produkten gehen die Meinungen auseinander. Zumindest die Nachkommastellen der Noten sind vorsichtig zu betrachten. Dabei wurde die schlechteste und die beste Note sehr einhellig vergeben.

Fazit der großen Joghurtverkostung

Man kann nicht sagen, dass Produkte, die mehr kosten auch besser schmecken. Auch die Bekanntheit von Marken sagt nichts darüber aus, wie gut ein Joghurt mundet. Keiner der Joghurts war wirklich schlecht. Wir mögen keine Produkte, die weniger Geschmack aufweisen – möglich, dass genau das etwas ist, was der eine oder andere sucht. Solchen Personen mag unser Test nicht weiterhelfen.

In den letzten Jahren jedoch berichten immer mehr Menschen darüber, dass sie Milch nicht vertragen. Auch sei der Verbrauch unter Umweltaspekten bedenkenswert, da hierfür doch Kühe gehalten werden müssen. Was mit den männlichen Kälbern der Milchkuhrassen geschieht, ist auch etwas, was zu denken geben sollte. Letztlich geht es aber auch um die Bedingungen der Milchkuhhaltung, der Turbokühe, die mittlerweile sehr viel mehr Milch als vor einigen Jahren geben. Etwas, was die Tiere anfällig macht und ebenfalls für Kritik sorgt. Für andere Aspekte, siehe Beitrag über die Hofkäserei Engelhorn in Südtirol.

Der Test ist unabhängig durchgeführt worden. Die Produkte wurden im Handel käuflich erworben. Es handelt sich nicht um Sponsoring!

[1] Eine Seite von Creditreform führt als Webseite zur SBA-GmbH Grobenzell https://www.andechser-natur.de/ auf.
Eine andere Webseite, die sich mit der Herkunft von Discounterprodukten befasst, ebenfalls: https://www.discounter-preisvergleich.de/Milchfrischprodukte-SBA-GmbH-Lieferant-von-Lidl-534.php